Kritik an Unigebühr für Berufstätige

Regierung lässt Frist verstreichen

Ab Herbst müssen auch Langzeitstudierende, die nebenbei berufstätig sind, Studiengebühren zahlen. Eine Reparatur der durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehobenen Regelung wird es laut Wissenschaftsministerium nicht geben. Bei der Opposition und der Studierendenvertretung sorgte die Entscheidung am Donnerstag für Kritik.

Die stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH), Marita Gasteiger (Grüne und Alternative Student_innen/GRAS) zeigte sich in einer Aussendung bestürzt. Sie sprach von einem „Schlag ins Gesicht aller erwerbstätigen Studierenden“.

Gegenüber ORF.at hatte die ÖH bereits zuvor auf einen eigenen Vorschlag für eine Gesetzesreparatur verwiesen. Dieser sei im vergangenen Jahr gemeinsam mit einer Anwaltskanzlei ausgearbeitet worden und hätte die Bedenken der Verfassungsrichter ausgeräumt. Die Studierendenvertretung ist der Meinung, dass sich damit die bisherige Sonderregelung fortführen hätte lassen.

VfGH gab bis Juni Zeit

Derzeit sind an den heimischen Unis grundsätzlich alle Studierenden aus Österreich bzw. der EU von Studiengebühren befreit, vorausgesetzt sie überschreiten die Mindeststudienzeit nicht um mehr als zwei Semester. Eine Ausnahme gab es bisher allerdings für jene, die neben dem Studium arbeiteten und dabei im Jahr mehr als das 14-Fache der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze (entspricht zurzeit 6.133 Euro) verdienten.

Diese Sonderregelung hatte der VfGH nach der Klage eine Studentin aufgehoben. Konkret sahen die Verfassungsrichter eine Ungleichbehandlung von unselbstständigen und selbstständigen Berufstätigen und empfahlen eine Nachbesserung des Gesetzes. Bis Juni dieses Jahres gab der VfGH der Regierung dafür Zeit. Wie das Wissenschaftsministerium nun bestätigte, wird die ÖVP-FPÖ-Regierung diese Frist verstreichen lassen.

SPÖ: „Tor für allgemeine Studiengebühren“ geöffnet

Untätig war freilich bereits auch die Vorgängerregierung geblieben. Die VfGH-Entscheidung datiert in den Dezember 2016 zurück - und damit in eine Zeit, als der Kanzler noch Christian Kern (SPÖ) hieß. Die SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kunzl gab sich am Donnerstag in einer Aussendung dennoch „empört“.

Studiengebühren ab Herbst

Auf einen Teil der Studierenden kommen ab Herbst neue Studiengebühren zu. Konkret geht es um berufstätige Studierende, die bereits länger als die Mindeststudienzeit plus zwei Toleranzsemester studieren.

Die Parlamentarierin befürchtete, dass „bis zu 30.000 Studierende“ zur Kasse gebeten werden, „weil der ÖVP-Wissenschaftsminister unwillig ist, eine verfassungskonforme Reparatur des Universitätsgesetzes zustande zu bringen“. Nun würden „für eine erste große Gruppe von Studierenden Gebühren eingeführt, um damit auch das Tor für allgemeine Studiengebühren zu öffnen“, so Kunzl.

Strafe für „Leistungsträger“

Auch die Bildungssprecherin der Liste Pilz (LP), Stephanie Cox, stieß sich an der Absage aus dem Wissenschaftsministerium. Die Regierung bestrafe damit „nicht nur sozial Schwache, sondern auch die Leistungsträger. Chancengleichheit und Förderung des Leistungsgedankens sehen anders aus.“

Für Arbeiterkammer-Präsidenten Rudolf Kaske ist „absolut unverständlich“, dass das Ministerium den von dem VfGH-Erkenntnis betroffenen Paragrafen des Universitätsgesetzes (UG) nicht reparieren will. Es könne nicht sein, dass gerade jene Studierenden zur Kasse gebeten würden, die zusätzlich arbeiten müssen.

Faßmann weist Kritik von sich

Im zuständigen Ministerium wollte man diese Vorwürfe nicht gelten lassen: „Mit dieser Maßnahme wird nicht auf erwerbstätige Studierende abgezielt, sondern eine Ungleichheit zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Studierenden repariert“, so ÖVP-Wissenschaftsminister Heinz Faßmann am Donnerstag. Der Ressortchef und ehemalige Vizerektor der Uni Wien verwies überdies auf eine Erhöhung der Studienförderung am Beginn dieses Wintersemesters in der Höhe von 60 Millionen Euro.

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