Ökostrom-Streit: Regierung umgeht SPÖ

Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) plant eine einfachgesetzliche Regelung für die Verlängerung der Ökostromförderung für die von einer Schließung bedrohten 47 Biomasseanlagen. Die Regierung umgeht damit die SPÖ, die im Bundesrat das Ökomstromgesetz zuvor zu Fall gebracht hatte. Die SPÖ ist empört.
 
Mit dem nun gewählten Weg eines Grundsatzgesetzes braucht die Regierung keine Zweidrittelmehrheit im National- und Bundesrat, der Protest der SPÖ läuft somit ins Leere. Köstinger sagte Freitagnachmittag vor Journalisten, bis Anfang März solle der Entwurf für ein Biomasse-Grundsatzgesetz vorliegen, das dann auch in Begutachtung gehen solle.

Zu diesem bundesgesetzlichen Rahmen sollen dann die neun Bundesländer jeweils Ausführungsgesetze beschließen. Die Ministerin geht davon aus, dass auch SPÖ-dominierte Länder wie Wien das tun werden, denn Wien sei mit seinem Kraftwerk Simmering einer der Hauptprofiteure.

Duales Gesetzesverfahren

Grundlage für die neu gewählte Konstruktion ist der Artikel 12 des Bundesverfassungsgesetzes, das für bestimmte Materien – unter anderem das Elektrizitätswesen – die Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung vorsieht. Dabei gibt der Bund als Gesetzgeber inhaltlich den Rahmen vor. Die Ausführungsbestimmungen sind den neun Ländern vorbehalten. Für den Beschluss eines solchen Grundgesetzes reicht sowohl im National- wie im Bundesrat die einfache Mehrheit.

Theoretisch darf der Bund dabei nicht ins Detail gehen. In der Praxis habe sich diese Form der dualen Gesetzgebung aber als problematisch erwiesen, wie Christoph Schramek vom Institut für Föderalismus bereits 2017 erläuterte. Die letzte SPÖ-ÖVP-Koalition hatte sich daher die Abschaffung und damit verbunden eine Kompetenzbereinigung oder aber die Einführung eines anderen Mechanismus zum Ziel gesetzt. Laut SPÖ hat die ÖVP-FPÖ-Koalition das Vorhaben in ihr Programm übernommen.

Köstinger will rasche Umsetzung

Die Neuregelung, also die Verlängerung der Förderung dieser von der Schließung bedrohten Biomasseanlagen, soll laut Köstinger so rasch wie möglich in Kraft treten. Geplant ist, dass 47 Anlagen für weitere drei Jahre 140 bis 150 Mio. Euro Hilfe erhalten sollen. Die SPÖ hatte am Donnerstag im Bundesrat den erforderlichen Zweidrittelbeschluss dafür verhindert. Experten seien bereits kontaktiert worden.

Dass es bei der bisher geplanten Neuregelung keine Begutachtung gegeben habe, liege daran, dass es sich nur um eine dreijährige Verlängerung eines bestehenden Gesetzes gehandelt habe. Vorwürfe der SPÖ, sie sei nicht zeitgerecht über das Reformvorhaben in Kenntnis gesetzt worden, wies die ÖVP-Ministerin zurück: „Seit Anfang Dezember hatte die SPÖ den Entwurf. Die Fakten liegen seit Langem auf dem Tisch.“ ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer setzte nach und warf der SPÖ einmal mehr eine „sture und und mutwillige Blockade“ vor.

„Was soll sich geändert haben?“

Nachverhandlungen, wie sie die SPÖ auch Freitagnachmittag noch wollte, seien überflüssig: „Was soll sich seit Donnerstag geändert haben?“, so Köstinger. Tarife ins Gesetz hineinzuschreiben, sei ein Fehler, der früher ein einziges Mal passiert sei. Am neuen Entwurf für die Übergangsregelung werde schon intensiv gearbeitet.

Seitens der Bundesländer habe man schon positive Signale für die Ausführungsgesetze. Köstinger deutete an, dass sie auch davon ausgeht, dass das rot-grün regierte Bundesland Wien ein solches Ausführungsgesetz beschließen wird, da es um eine millionenschwere Förderung für das Kraftwerk Simmering gehe.

Der Biomasse-Verband begrüßte am Freitag die Interimslösung, mit der die vom Tarifende betroffenen Biomassekraftwerke bis zum Inkrafttreten des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) in Betrieb gehalten werden sollen. Die 47 Anlagen für feste Biomasse fallen schrittweise, schon seit 2017, bis inklusive heuer aus der Förderung.

Für Land Niederösterreich „lebensnotwendig“

Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) begrüßte die von seiner Parteikollegin Köstinger am Freitag präsentierte Ökostromlösung. „Sonst hätten Holzkraftwerke schließen und im Gegenzug Strom aus Atomkraft und Kohle importiert werden müssen. Wir begrüßen daher alles, was unsere blau-gelbe Energiewende unterstützt“, sagte Pernkopf.

Die Verlängerung der Fördertarife ist den Angaben zufolge für die Zukunft von 14 der insgesamt 29 Biomassekraftwerke in Niederösterreich „von lebensnotwendiger Bedeutung“, sie sichern 1.300 Arbeitsplätze. Köstinger hatte – für ganz Österreich – in der Pressekonferenz von 6.400 Jobs gesprochen, um die es gehe, natürlich bezogen auf die gesamte Wertschöpfungskette, so die Ministerin.

SPÖ: „Juristische Brechstange“

„Not amused“ zeigte sich die von der ÖVP ausgebootete SPÖ. „Die ÖVP packt jetzt die juristische Brechstange aus und hebelt demokratische Beschlüsse des Parlaments aus, nur um nicht mit der SPÖ reden zu müssen“, kritisierte SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried. Dafür hole man ein Grundsatzgesetz gemäß Verfassungsartikel 12 „aus der juristischen Rumpelkammer“, das laut schwarz-blauem Regierungsprogramm eigentlich abgeschafft werden solle, so Leichtfried.

Köstinger hatte dazu gemeint, sie wisse ja nicht, ob die SPÖ bei einer Artikel-12-Änderung mitmache oder nicht vielleicht auch blockiere. Deshalb wolle man die Biomasseförderung nun in einfachgesetzlichen Kontext stellen.

Go back