SPÖ besinnt sich ihrer Zielgruppe

„Klassische Vorgangsweise“

Im anlaufenden Wahlkampf will sich die SPÖ offenbar wieder verstärkt auf ihre angestammte Zielgruppe fokussieren. Zu diesem Urteil kommen Politologen mit Blick in das SPÖ-Wahlprogramm, das an sich erst am Donnerstag auf einem „kleinen Parteitag“ abgesegnet werden soll - allerdings bereits zuvor an die Öffentlichkeit gelangte und „als Entwurf“ nun auch auf der SPÖ-Website zu finden ist.

Das „Programm für Wohlstand, Sicherheit & gute Laune“ widmet sich laut dem Politexperten Thomas Hofer verstärkt Themen wie Jobgarantie, Entlastung für niedere Einkommen und sichere Pensionen, und das sei durchaus eine „klassische Vorgangsweise“.

Aus Hofers Sicht läuft die bisherige SPÖ-Kampagne „nicht rund, und die SPÖ wird das nicht in der Sicherheitspolitik gewinnen“. Eine Refokussierung auf klassische Zielgruppen wie Arbeiter und Pensionisten sei demnach „für die SPÖ eine Chance, endlich wieder auf Felder zu kommen, wo sie punkten kann“.

Wahlkampfslogan mit Diskussionspotenzial

Hofer zufolge dürfte allerdings der Slogan „Ich hol mir, was mir zusteht“, der sich offenbar quer durch die SPÖ-Kampagne ziehen soll, für einige Diskussionen sorgen. Der Politologe sieht darin die Fortsetzung der Erzählung von 2008, als es bei Demonstrationen wegen der Finanzkrise „Wir zahlen nicht für eure Krise“ hieß, und spricht von einer „Zuspitzung auf die SPÖ-Zielgruppe“ - die SPÖ quasi als „Anwalt der Geknechteten und Unterdrückten“.

„Plan A“-Verweis auf Titelseite

Als Basis für das SPÖ-Wahlprogramm dient der von Kanzler und Parteichef Christian Kern bereits im Jänner vorgestellte „Plan A“. Darauf wird auch auf der Titelseite des rund 200 Seiten dicken Programm-„Entwurfs“ verwiesen.

Dass im Slogan der SPÖ, die für gewöhnlich auf Solidarität bedacht ist, Egoismus mitschwingt, bedeutet für Hofer keinen Widerspruch. „Mehr Gerechtigkeit, aber für mich“ ergebe aus Sicht einer Pensionistin, die seit Jahren nur die Inflationsabgeltung erhalten hat, oder eines Arbeiters, der Reallohnverluste hinnehmen musste, Sinn.

„Riskante Strategie“

Der Slogan „polarisiert, weil er vordergründig egoistisch ist“, sagte dazu der Kommunikationsberater und frühere SPÖ-Kanzlersprecher Joseph Kalina. Sozialdemokratisch sei es aber, dass diese Aussage von Arbeitern, Pensionisten und Müttern mit Kindern komme. Motto: Es geht dem Land gut, nun wollen wir auch ein Stück vom Kuchen.

Auch Kalina spricht von einer „Refokussierung“: Die SPÖ besinne sich „ihrer Wurzeln und ihrer Zielgruppen: Mittelstand, Kleinverdiener, Pensionisten, Alleinerzieherinnen“. Ähnlich wie Hofer betrachtet auch Kalina Wahlkampf als „Zeit der Zuspitzung und Abgrenzung“, womit man sich „automatisch stärker auf seine Zielgruppen“ fokussiere.

Das SPÖ-Wahlkampfprogramm sei aber auch eine Erweiterung und Vertiefung des bisherigen „Plans A“. Die sei eine „eine positive, aber auch riskante Strategie, weil man genau sagt, was man vorhat“. Für die Wähler sieht Kalina demnach die Chance, „dass man präzise weiß, was die vorhaben“. Das sei „seriös“, berge aber „das Risiko, dass es en detail zerpflückt wird“.

Verweis auf heiße Wahlkampfphase

Die Pannen in der bisherigen SPÖ-Wahlkampagne will Kalina, der selbst bei etlichen SPÖ-Kampagnen dabei war, nicht überbewerten. Nach der Aufkündigung der Koalition durch die ÖVP sei nicht alles rundgelaufen, jetzt müsse die Neuorientierungsphase aber vorbei sein.

Die wichtigsten Gesprächsthemen der Österreicher und Österreicherinnen seien derzeit Hitze und Urlaub, erst Anfang September gehe es wirklich los. „Das Entscheidende für alle Parteien ist es zu erklären, worum es am 15. Oktober geht. Die SPÖ hat als Erste alles auf den Tisch gelegt und die Agenda gesetzt. Verteilung, soziale Gerechtigkeit, Pensionen - am 15. Oktober geht es um das und nicht um das Mittelmeer.“

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