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Kassenreform: Fünf statt 21, weniger Gewerkschaftseinfluss

Die Regierung will am Dienstag ihre Pläne zur Sozialversicherungsreform vorstellen. Bekannt ist unter anderem die Fusion von 21 auf fünf Sozialversicherungen.

Geänderte Machtverhältnisse

Laut Medien ist auch eine weitgehende Änderung der Machtverhältnisse in den Krankenkassen geplant: Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen künftig je die Hälfte der Mandate stellen, womit in vielen Gremien der Selbstverwaltung ÖVP-FPÖ-Mehrheiten möglich wären.

Derzeit dominieren in den neun Gebietskrankenkassen die Arbeitnehmervertreter: Die Arbeiterkammer stellt vier Fünftel der Mitglieder in Vorstand und Generalversammlung, nur in der Kontrollversammlung ist es umgekehrt. Da hat die Wirtschaftskammer die Mehrheit. Damit werden die meisten Gebietskrankenkassen von SPÖ-Gewerkschaftern geführt. Nur in Vorarlberg und Tirol gibt es ÖVP-Mehrheiten.

Nur noch je einen „Verwaltungsrat“ auf Bundesebene

Wie mehrere Medien am Wochenende berichten, soll es in der geplanten „Österreichischen Gesundheitskasse“ anstatt der derzeitigen Gremien künftig nur noch je einen „Verwaltungsrat“ auf Bundesebene und in den neun Landesstellen geben. Der würde je zur Hälfte mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzt. Das würde in vielen Gremien eine Machtverschiebung von den SPÖ-Gewerkschaftern hin zu ÖVP-FPÖ bedeuten.

Die Leistungen sollen künftig zentral vorgegeben, die Beiträge zentral eingehoben werden. Die regionale Selbstverwaltung dürfte den Berichten zufolge nur noch über Gesundheitsplanung und Gesundheitsziele entscheiden und „innovative Projekte“ begleiten. Neben der „Österreichischen Gesundheitskasse“ soll es künftig noch die AUVA, die Pensionsversicherung sowie eine Sozialversicherung für Beamte und Bergbau sowie für Bauern und Unternehmer geben.

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AK: Schwarz-rote Front gegen Bundesregierung

Bei der Vollversammlung der Vorarlberger Arbeiterkammer herrschte am Donnerstag viel Einigkeit zwischen ÖVP und SPÖ. Besonders hoch gingen die Wogen beim Thema Krankenkassen-Zusammenlegung, aber auch bei den geplanten Kürzungen beim AMS und dem 12-Stunden-Tag.

Massiver Gegenwind bläst der Bundesregierung bei ihren Reform-Plänen von Arbeitnehmerseite entgegen. So lässt die geplante Zusammenlegung der Krankenkassen die Wogen seit Wochen hoch gehen - so auch bei der Vollversammlung der Vorarlberger AK am Donnerstag. Für den Präsidenten der Vorarlberger Arbeiterkammer, Hubert Hämmerle (ÖVP), ist dieses Papier „kein Reformpapier, es stehen keine Verbesserungen für die Versehrten drin, es ist nichts anderes als der Versuch, Macht und Einfluss zu bekommen, das Ganze zu zentralisieren und zu verstaatlichen“.

Die Freiheitlichen Arbeitnehmervertreter verlangen hingegen - ganz im Sinne der Regierung - eine Systemänderung bei den Krankenkassen: „Wir begrüßen den Reformwillen der Bundesregierung, wir wollen auch eine Zusammenlegung der Krankenkassen“, so Milina Kloiber von der Fraktion Freiheitlicher Arbeitnehmer, „aber was ganz wichtig ist: Die Budget- und die Vertragshoheit müssen im Lande bleiben und es darf auf keinen Fall Verschlechterungen für die Patienten geben“.

AK: Schwarz-rote Front gegen Regierung

Bei der Arbeiterkammer-Vollversammlung waren sich schwarze und rote Gewerkschafter in ihrer Ablehnung der Regierungspläne einig.

Gemeinsame Ablehnung von Regierungsplänen

Insgesamt war das Wort „nein“ auffallend oft von den AK-Delegierten zu hören. „Nein“ zu Kürzungen beim Arbeitsmarktservice, „nein“ zu „schleichenden Steuererhöhungen“: Gegen die Regierung ziehen schwarze und rote Gewerkschafter an einem Strang. Ähnlich die Fronten beim 12-Stunden-Arbeitstag: Strikte Ablehnung von Schwarz und Rot, während die Freiheitlichen dadurch mehr Flexibilität für die Arbeitnehmer sehen.

„Mir sträubt es sich bei all den Vorhaben, die die Regierung hat“, so AK-Vizepräsidentin Manuela Auer (SPÖ), „mich schüttelt es tagtäglich, wenn ich diese Bilanz anschaue. 12-Stunden-Arbeitstag, 60-Stunden-Woche, wir reden von massiven Steuergeschenken für die Arbeitgeber“.

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Gewerkschaft younion: Regierung nimmt Lehrlingen die Perspektiven

Radikale Kürzung von Lehrlingsentschädigungen ist unverantwortlich

„Anstatt Fachkräfte zu fördern, setzt die ÖVP/FPÖ-Regierung bei den Lehrlingen den Sparstift an. Gespart wird gerade bei denjenigen Jugendlichen, die am meisten auf Unterstützung angewiesen sind. Das verbaut die Jobchancen für tausende junge Menschen“, kritisierte heute, Montag, der Leitende Referent der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, Erich Kniezanrek.

„Allein in den vergangenen zehn Jahren sind rund 10.000 Lehrlingsplätze verloren gegangen. Diese Krise auf dem Rücken Jugendlicher weiter zu verstärken, ist unverantwortlich“, bekräftigte der Bundesjugendvorsitzende der younion, Nicolai Wohlmuth. Die Regierung will über 18-jährigen Lehrlingen in überbetrieblichen Lehrwerkstätten (ÜBA) die Lehrlingsentschädigung von 753 EURO auf 325,8 EURO pro Monat kürzen. „Der Schritt in ein Lehrverhältnis ist ein Schritt in Richtung Selbstständigkeit. Mit dieser Kürzung um mehr als die Hälfte, raubt die Regierung den Lehrlingen ihre Perspektiven“, erklärte Wohlmuth.

„Die überbetrieblichen Lehrstätten sind eine wesentliche Säule der Ausbildung. Aktuell werden in Österreich über 9.000 Lehrlinge überbetrieblich ausgebildet. Die Tendenz ist steigend“, betonte die Bundesjugendreferentin der younion, Nicole Tuschak. Die Wirtschaft ruft regelmäßig nach ausgebildeten Fachkräften – aber viel zu wenige Unternehmen bilden Lehrlinge aus. Tuschak: „Diese Betriebe könnten sich an ArbeitgeberInnen wie der Stadt Wien oder den Wiener Stadtwerken ein Beispiel nehmen. Dort werden zum Teil über den eigenen Bedarf hinaus Lehrlinge mit viel Engagement ausgebildet.“

„Lehrlinge sollten gefördert und unterstützt werden und für ihre Leistung Anerkennung bekommen. Schließlich sind sie für den österreichischen Wirtschaftsstandort wichtig. Aber einmal mehr zeigt sich, dass Lehrlinge dieser Regierung egal sind“, schlossen die VertreterInnen der younion-Jugendabteilung.

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Wiener SPÖ beschließt Personalpaket

Im Wiener Rathaus ist heute nach den Gremiensitzungen der Wiener SPÖ das künftige rote Regierungsteam präsentiert worden. Neu dabei sind Peter Hanke (Ressort Finanzen und Wirtschaft), Kathrin Gaal (Wohnen), Veronica Kaup-Hasler (Kultur) und Peter Hacker (Gesundheit und Soziales). Umweltstadträtin Ulli Sima und Bildungs- bzw. Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky bleiben.

Der designierte Bürgermeister und Landesparteivorsitzende der Wiener SPÖ, Michael Ludwig, stellte sein Team zu Mittag den Medienvertretern vor. Der neue Wirtschaftsstadtrat Hanke ist derzeit noch Chef der Wien-Holding, Gaal ist Gemeinderätin und SPÖ-Vorsitzende in Favoriten. Der künftige Gesundheitsstadtrat Hacker fungiert seit 2001 als Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien.

Quereinsteigerin für Kulturressort

Als Quereinsteigerin wurde im Kulturressort überraschend Kaup-Hasler präsentiert. Sie war von 2006 bis 2017 Intendantin des steirischen herbstes - und unter anderem auch bei den Wiener Festwochen als Dramaturgin tätig.

Einen Wechsel gibt es auch im Landtagspräsidium: Der bisherige Gemeinderat und SPÖ-Kultursprecher Ernst Woller folgt in dieser Funktion auf Noch-Landtagspräsident Harry Kopietz. Die Angelobung Ludwigs als Nachfolger von Langzeitstadtchef Michael Häupl sowie der neuen amtsführenden Stadträte findet am 24. Mai im Gemeinderat statt.

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AMS spart bei Lehrlingen

Hohe Folgekosten befürchtet

Die Förderung für Lehrlinge in der überbetrieblichen Ausbildung wird vom Arbeitsmarktservice (AMS) gekürzt. Für über 18-Jährige soll die Ausbildungsbeihilfe ab September halbiert werden. Eine Maßnahme, die Kritik nach sich zieht. Viele Jugendliche könnten sich dann eine Lehrausbildung nicht mehr leisten. Das könnte den Fachkräftemangel weiter verschärfen und langfristig höhere Sozialkosten nach sich ziehen, so eine Befürchtung.

Wer keine Lehrstelle in einem Betrieb findet, kann sich auch um einen Platz in einer überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung bewerben. Derzeit werden etwa 11.000 Jugendliche und junge Erwachsene in solchen Werkstätten ausgebildet. Vergangenen Dienstag hat der Verwaltungsrat des AMS mehrheitlich beschlossen, die Förderung der überbetrieblichen Ausbildung zu kürzen. Derzeit erhalten alle Lehrlinge, unabhängig vom Lehrjahr, 753 Euro monatlich. Aber Herbst sollen Lehrlinge, die älter als 18 Jahre alt sind, im ersten und zweiten Lehrjahr nur noch 325,80 Euro erhalten.

Keine Konkurrenz für Betriebe

Man habe sich zu diesen Kürzungen entschlossen, weil sich die wirtschaftliche Situation in Österreich in den vergangenen zwölf Monaten stark verbessert habe, sagte Sebastian Paulick, Sprecher des AMS Wien gegenüber ORF.at. Die Unternehmen seien ausbildungswillig, und deswegen wolle man Jugendliche wieder stärker in Betrieben und nicht in der außerbetrieblichen Ausbildung unterbringen. Letztere sei immer nur der „Plan B“ gewesen.

Dass die gute Konjunktur und die demografische Entwicklung einen Lehrlingsmangel erwarten lassen, bestätigte auch der Arbeitsmarktökonom Herbert Walther von der Wirtschaftsuniversität Wien im Gespräch. Die österreichischen Betriebe hätten in den vergangenen Jahren zu wenige Lehrlinge ausgebildet. Das würde den Fachkräftemangel verstärken. Die überbetrieblichen Ausbildungsangebote würden aber nicht in echter Konkurrenz zu den Betrieben stehen, so Walther. Die Zielgruppe für diese Lehrstellen sei eine andere.

Angst vor Problemfällen

Ein schlechtes Schulzeugnis, mangelnde Berufsreife oder die Diskriminierung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind die Hauptursachen, warum junge Menschen keine Lehrstelle in einem Betrieb finden. „Dass diese Jugendlichen einen besonderen Förderungsbedarf haben, liegt auf der Hand“, so Walther. Die überbetrieblichen Ausbildungsstätten seien „Auffangbecken“ für jene Jugendliche, die sich zwar um eine betriebliche Lehrstelle bewerben, aber keine bekommen. In Bezug auf die gesetzliche Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr sei das eine wichtige und sinnvolle Maßnahme.

Der Arbeitsmarktökonom bezweifelt, dass höhere Förderungen für Lehrstellen in Betrieben an dieser Situation etwas ändern würden. Das Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ sieht zwar vor, die Ausbildung in Betrieben prioritär zu fördern. Die Unternehmen seien aber risikoscheu und würden vor potentiellen Problemfällen zurückschrecken. „Schäden bei Fehlbedingungen an Maschinen sind extrem teuer“, so Walther, „da wird man auch mit hohen Förderungen wenig ausrichten können.“ Wie genau die Pläne der Regierung in puncto betrieblicher Förderung aussehen, ist noch nicht klar. Auf Nachfrage von ORF.at hieß es, die zuständige Sektion würde daran arbeiten.

Ohne Ausbildung höhere Folgekosten

Die Kürzungen bei der Ausbildungsförderung könnten dazu führen, dass die betroffenen Jugendlichen keine Lehrausbildungen beginnen bzw. die außerbetriebliche Lehre abbrechen und stattdessen versuchen, ihren Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs zu verdienen. Das erzeuge langfristige Folgekosten für das Sozialsystem, so Walther. „Viele von diesen Jugendlichen werden dank der intensiven Betreuung tatsächlich arbeitsmarktfähig, was die Kosten der Ausbildung oder gar die vermiedenen Alternativkosten der Sozialhilfe mit Sicherheit hereinspielt“, erläuterte der Ökonom weiter.

Auch die Gewerkschaftsjugend kritisierte die geplanten Kürzungen. Den Jugendlichen in der überbetrieblichen Ausbildung Geld zu streichen, werde nicht dazu führen, dass sie morgen eine Lehrstelle in einem Betrieb finden, heißt es in einer Aussendung. Sie würden im Durchschnitt ohnehin schon weniger verdienen als bei einer betrieblichen Ausbildung. Das AMS verweist darauf, dass zumindest ein Teil der Betroffenen um Aufstockung auf Mindestsicherung ansuchen könne. Das sei allerdings nicht möglich, wenn die Jugendlichen im Familienverbund leben.

Ausbildungsplätze nur im Westen

In Wien, wo am meisten überbetriebliche Ausbildungsplätze in Anspruch genommen werden, bieten nur acht Prozent der Betriebe Lehrstellen an. Dem stehen 20.000 unbesetzte Lehrstellen in ganz Österreich gegenüber, die meisten davon in westlichen Bundesländern. Dorthin wolle man Ausbildungssuchende aus den östlichen Bundesländern verstärkt vermitteln, sagte Paulick. „Unter dem Motto ‚Go West‘ wird das Ziel sein, möglichst viele Jugendliche in echten Betrieben unterzubringen“, so der Sprecher des AMS Wien.

Ausbildungsplätze in überbetrieblichen Lehrwerkstätten werden beispielsweise vom Berufsförderungsinstitut (BFI) oder dem Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI) angeboten. Zu den Kürzungen bei der Ausbildungsbeihilfe für über 18-Jährige sagte Franz-Josef Lackinger, der Geschäftsführer des BFI, dass man verstärkt daran arbeiten müsse, Jugendliche schon vor dem 18. Lebensjahr in die überbetriebliche Ausbildung zu bringen, sofern sie keinen Platz in einem Betrieb finden. „Dann erübrigt sich die Debatte, ob eine finanzielle Entschädigung ab 18 womöglich der Entscheidung für eine Lehre im Betrieb entgegensteht“, so Lackinger in einer Aussendung.

Vorteil der Ausbildung

Zukünftig wolle das BFI die Zusammenarbeit mit österreichischen Unternehmen verbessern. Die Lehrlinge sollen möglichst schon vor Abschluss von der überbetrieblichen in eine betriebliche Werkstatt wechseln. Eine Strategie, die auch das AMS unterstützt. Eine solche Entwicklung sei zwar prinzipiell wünschenswert, sagte Arbeitsmarktökonom Walther. Um dem Fachkräftemangel in Österreich zu begegnen, seien aber auch Investitionen in die überbetriebliche Ausbildung überlegenswert.

Denn viele traditionelle Lehrberufe haben sich in den vergangenen Jahren in technischer Hinsicht stark verändert. „Wer in einem kleinen Betrieb lernt, mit veralteter Technologie zu arbeiten, wird spätestens mit der Pensionierung des Chefs und einer Betriebsstilllegung zum Problemfall auf dem Arbeitsmarkt“, so Walther. Solchen Risiken könne man mit einer besseren Ausbildung begegnen.

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Mehr Übergriffe auf Gemeindebedienstete

Immer mehr Gemeindedienstete berichten über Gewalt am Arbeitsplatz. Besonders betroffen sind Krankenhäuser und Sozialämter. Die Gewerkschaft fordert einen Ausbau der bestehenden Maßnahmen - wie Securitys und Kameras.

Hundert Mal musste die Polizei im Vorjahr im Wilheminenspital Streit schlichten. Wegen der langen Wartezeiten liegen bei manchen Patienten und Angehörigen die Nerven blank, erläutert Personalvertreter Heinrich Schneider.

Würgen, Treten, Bespucken

„Bei der verbalen Gewalt dem Personal gegenüber sind es sexistische und rassistische Beschimpfungen. Bei der körperlichen Gewalt sind es Übergriffe wie Würgen, Treten, Bespucken bis hin zum Kratzen.“ Durch die „Verrohung der Gesellschaft“ hätten die Übergriffe noch zugenommen, so Schneider. „Es gibt wenig Verständnis von Angehörigen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen für Wartezeiten, auch, weil sie andere möglicherweise bevorzugt sehen.“

Wilhelminenspital

ORF.at/Dominique Hammer

Kameras und Alarmknöpfe

Susanne Jonak, die Vorsitzende der Personalvertretung und Gewerkschaft im Krankenanstaltenverbund (KAV), verweist gegenüber Radio Wien auf Deeskalationsschulungen, aber auch Securitys und Videokameras zur Abschreckung und Dokumentation. Sie vermutet, dass besonders Angehörige eher durch lange Wartezeiten beeinflusst werden und sie daher zu verbalen Angriffen neigen.

Sie untermauert das damit, dass die Angriffe häufig in Notaufnahmen stattfinden. Auch in den Ämtern werden Maßnahmen gesetzt: So werden fix montierte Tische als Barrieren aufgestellt. Es gibt verglaste Rezeptionen und Alarmknöpfe.

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Renate Anderl: „Mit und nicht über uns reden“

Der Führungswechsel an der Spitze der Arbeiterkammer (AK) ist vollzogen: Nach der Wiener AK wurde Renate Anderl am Freitag auch zur Präsidentin der Bundesarbeitskammer gewählt. Gleich zu Beginn machte sie klar, dass sie die Kooperation mit der Regierung suchen will - aber sich nur den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verpflichtet fühlt.

Inhaltlich heißt das, dass sie in praktisch allen sozialpolitischen Vorhaben anderer Meinung als die Regierung ist. Anderl forderte in ihrer Antrittsrede die Regierung auf, der AK mit Anstand und auf Augenhöhe zu begegnen: „Ich will, dass man nicht über uns, sondern mit uns spricht.“ Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) hatte Anderl davor bereits eine konstruktive Zusammenarbeit offeriert.

Eine Einschränkung der Mitbestimmung in der Sozialversicherung wurde von Anderl ebenso abgelehnt wie die Etablierung eines Hartz-IV-ähnlichen Modells und die Zerstörung der AUVA. Den Reformauftrag der Regierung nahm Anderl an, allerdings derart, dass man nach der Befragung der Mitglieder deren Anliegen umsetzen wolle. Die Koalition hatte ja indirekt angedroht, der AK die Mittel zu kürzen, wenn sie nicht von sich aus die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei deren Beiträgen entlastet.

Arbeitszeitverkürzung „Gebot der Vernunft“

Am vehementesten zeigte sich Anderl beim Thema Arbeitszeit. Den Zwölfstundentag bzw. die 60-Stunden-Woche lehnt sie vehement ab. Hier gehe es nicht nur um Geld, sondern auch um die Gesundheit der Arbeitnehmer und die Frage, wie man Beruf und Privatleben vereinbaren kann. Sie warnte vor negativen Folgen - für das Gesundheitssystem, durch drohenden Fachkräftemangel, wenn keine Zeit zur Fortbildung bleibe, bis hin zu Vereinen.

„Dass wenige mehr arbeiten, ist ein Retromodell“, so Anderl. Es sei vielmehr ein „Gebot der Vernunft“, die Arbeitszeit zu verkürzen und angesichts der boomenden Wirtschaft die Arbeitszeit auf mehr Menschen aufzuteilen. Anderl vermisst zudem Konzepte der Regierung, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim digitalen Wandel mitgenommen werden. Die AK habe dazu fertige Konzepte ausgearbeitet, so Anderl und nannte unter anderem das Recht auf eine Woche Freistellung für Bildungszwecke pro Jahr.

Van der Bellen lobt Arbeiterkammer

Beim Festakt für Anderl lobte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Institutionen Arbeiterkammer und Sozialpartnerschaft.

Von Präsident zu Präsidentin

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen besuchte die Wahl Anderls und gratulierte dieser - durchaus ein ungewöhnlicher Schritt: Bei den letzten beiden AK-Wechseln waren die damaligen Bundespräsidenten (Thomas Klestil und Heinz Fischer) nicht anwesend. Van der Bellen nutzte die Gelegenheit, eine Lanze für die Sozialpartnerschaft zu brechen. Gleich vier Tweets postete die Präsidentschaftskanzlei zum Wechsel an der Spitze der Arbeiterkammer - das kann wohl auch als Fingerzeig für die Regierung gesehen werden, die bei mehreren Themen Druck auf die Sozialpartner aufbaut. Van der Bellen hob ausdrücklich die Rolle der Sozialpartner hervor, die er als eine der „großen Errungenschaften“ der Zweiten Republik bezeichnete.

95 Prozent Zustimmung

Die 55-jährige Anderl wurde am Freitag von der Hauptversammlung der AK mit 94,9 Prozent der Stimmen zur Nachfolgerin von Rudolf Kaske gewählt, der in den Ruhestand tritt. Direkt im Anschluss wurde Anderl von Sozialministerin Hartinger angelobt. Sie freue sich „irrsinnig“ über die große Zustimmung für die neue Präsidentin, sagte Hartinger. Man werde in den kommenden Monaten einige Herausforderungen haben und nicht immer einer Meinung sein. Es gehe aber um das Wohl des Staates und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das funktioniere nicht gegeneinander. Daher biete sie ein Miteinander an.

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AUVA verabschiedet Resolution zur Erhaltung

Die Generalversammlung der AUVA hat heute mit großer Mehrheit eine Resolution für die Erhaltung der Unfallversicherung verabschiedet. AUVA-Obmann Anton Ofner sprach nach der Sitzung von einer „überwältigenden Mehrheit“ und einem „wahrnehmbaren Zeichen nach außen und nach innen“.

Rund 50 Personen waren in der Generalversammlung vertreten, nur zwei stimmten dagegen, es gab eine Enthaltung. In der Resolution mit dem Titel „Für den Erhalt und die Weiterentwicklung der sozialen Unfallversicherung! Für eine starke AUVA!“ wird die Versicherung als „sozialpolitisches Erfolgsmodell, um das Österreich international beneidet wird“, bezeichnet.

Unterstützung „über Kuriengrenzen hinweg“

Ofner betonte vor Journalisten, dass die Unterstützung „über die Kuriengrenzen hinweg“ von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern kam. Auch in der FPÖ verankerte Delegierte stellten sich hinter die Resolution, etwa Harald Korschelt aus der Steiermark. Er glaube nicht, dass man 500 Mio. Euro auf einen Satz einsparen könne, sagte er zu den Erwartungen der Bundesregierung an die AUVA.

Auf die Kommunikation von Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) angesprochen meinte er: „Der Weisheit letzter Schluss war es wahrscheinlich nicht.“

Kern mit scharfer Kritik

SPÖ-Chef Christian Kern ließ unterdessen bei der Tagung des SPÖ-Pensionistenverbandes mit scharfer Kritik an den Regierungsplänen zur AUVA aufhorchen. Er warnte vor einer möglichen Aushöhlung der Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger: „Der Letzte, der das probiert hat, war der Dollfuß unterm Ständestaat.“

Dass die AUVA laut Regierungsprogramm bis Ende des Jahres ein Konzept zur Einsparung von 500 Millionen Euro vorlegen muss, brachte der Koalition erneut die Kritik des SPÖ-Chefs ein: „Am Ende werden diese 500 Millionen Euro am Rücken der Patienten eingespart werden.“

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SPÖ-Pensionisten: Vorsitzender Blecha verabschiedet sich

Der SPÖ-Pensionistenverband (PVÖ) hat heute seinen langjährigen Präsidenten Karl Blecha feierlich verabschiedet. „Ich scheide mit sehr viel Wehmut heute aus dieser Funktion“, sagte Blecha in seiner Abschiedsrede beim PVÖ-Verbandstag in Wien. Am Nachmittag wurde Peter Kostelka mit 98,5 Prozent der Delegiertenstimmen als Blechas Nachfolger gewählt. Vor der Wahl würdigte auch SPÖ-Vorsitzender Christian Kern den scheidenden Präsidenten: „Danke, lieber Charly.“

Blecha war erstmals am 17. März 1999 als PVÖ-Präsident gewählt worden. Nach mehr als 19 Jahren kandidiert er nun nicht mehr für eine weitere vierjährige Amtsperiode. Er gehe deshalb mit „viel Wehmut“, weil die fast zwei Jahrzehnte „neben den Jahren mit Bruno Kreisky die schönste politische Zeit waren, die ich in meinem Leben gefunden habe“, so der Ex-Minister vor den mehr als 350 Delegierten. „Und ihr wart es, die diese Zeit so schön werden habt lassen“, streute er den Mitgliedern Rosen.

Blecha: Pflegeregress als Erfolg

Besonders stolz zeigte sich Blecha darüber, dass der Pensionistenverband als Interessenvertretung mittlerweile eine Position erreicht habe, die es ermögliche, auf politischer Ebene „auf Augenhöhe“ verhandeln zu können. So verwies er beispielsweise darauf, dass auf Druck der Seniorenvertreter die jährliche Pensionsanpassung gesetzlich festgeschrieben wurde. Als jüngsten Erfolg strich er die Abschaffung des Pflegeregresses hervor.

Schließlich äußerte er noch einen Wunsch für die Zukunft: Der PVÖ müsse weiterhin um Mitglieder werben, auch wenn der Pensionistenverband - gemessen an der Bevölkerungszahl - die stärkste Seniorenvertretung Europas sei, wie er zum Abschluss seiner Rede anmerkte.

Kostelka nennt Bekämpfung der Altersarmut als Anliegen

Höchsterfreut zeigte sich Kern über Blechas Nachfolger Kostelka. Es sei heute „ein wirklich erfreulicher Tag“. Kostelka gilt als politischer Ziehvater des heutigen SPÖ-Chefs - Kern diente dem ehemaligen SPÖ-Klubobmann in jungen Jahren als Pressesprecher. „Der Umstand, dass ich heute hier stehen darf, hat auch sehr viel mit dir zu tun“, sagte Kern.

Der Pensionistenverband sei „die wichtigste Organisation in Europa zur Vertretung unserer Generation“, sagte Kostelka in seiner Rede nach der geheim abgehaltenen Wahl. Als eines seiner wichtigsten Anliegen nannte Kostelka die Bekämpfung der Altersarmut.

Es gehe nicht nur darum, an dieser Diskussion teilzunehmen, „sondern als größte und stärkste Organisation haben wir den Anspruch, die treibende Kraft in der Diskussion zu sein“. Als wesentliche weitere Betätigungsfelder nannte Kostelka die Themen Gesundheit und Pflege sowie Sicherheit.

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Mindestsicherung soll wieder einheitlich werden

Bund und Länder sind sich einig: Die Mindestsicherung soll wieder österreichweit einheitlich geregelt werden. Die Landessozialreferenten wollen bis Mitte des Jahres eine Lösung finden und der zuständigen Ministerin präsentieren.

Sowohl Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ließen durchklingen, dass die Regelung in Oberösterreich die bevorzugte Lösung wäre. Diese ist allerdings wegen einer Deckelung umstritten - so wie das niederösterreichische Modell, das bereits vom Verfassungsgerichtshof gekippt wurde.

Ministerin: „Verfassungskonforme Lösung wichtig“

Es brauche wieder eine österreichweit einheitliche Lösung, sagte die zuständige Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). „Die Landessozialreferenten haben sich geeinigt, bis Mitte des Jahres eine einheitliche Lösung zu finden. Auf diese warte ich und dann werden wir das gemeinsam diskutieren. Wichtig ist eine verfassungskonforme Lösung, die allen entspricht.“

Die Mindestsicherungsmodelle in Vorarlberg und Tirol dürften der Verfassung entsprechen. Dort ist die Mindestsicherung nicht gedeckelt. Das Vorarlberger Modell gilt als mögliches Vorbild für Salzburg. Die einheitliche Regelung gab es bereits, 2016 ist allerdings der Vertrag zwischen Bund und Länder ausgelaufen.

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