Gewerbereform: Koalition einigt sich auf Minireform

Entwurf soll bald in Begutachtung

Die SPÖ-ÖVP-Koalition hat sich doch noch auf eine Novelle der Gewerbeordnung geeinigt. Die groß angekündigte Reform blieb aber aus. Laut Bundesregierung wird vieles einfacher und günstiger. Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) verteidigten am Mittwoch die Änderungen. Verhandelt wurde bis kurz vor der Regierungssitzung.

Deshalb soll der Entwurf erst Ende dieser Woche in Begutachtung geschickt werden, da die Ergebnisse noch formal eingearbeitet werden müssen. In dieser Zeit soll noch weiterverhandelt werden. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), der an der Reform mitarbeitete, sagte nach der Regierungssitzung, dass es zwischen SPÖ und ÖVP noch unterschiedliche Positionen gebe. In der Kabinettssitzung sei die Gewerbeordnung nur „informell“ ein Thema gewesen.

„Druck auf Wirtschaftskammer“

Der dann überraschend von Kern und Mitterlehner doch noch präsentierte Kompromiss entspricht in etwa den schon in den letzten Tagen öffentlich kolportierten Vorschlägen des Wirtschaftsministeriums. Kern bezeichnete den Begutachtungsentwurf als Diskussionsgrundlage. Die Liste der 80 reglementierten Gewerbe will er „nochmals gemeinsam durchgehen“. Er hält 16 davon für gänzlich deregulierbar, bei zwölf weiteren Gewerben kann er sich einen leichteren Zugang vorstellen.

Eine der am Mittwoch vorgestellten Änderungen betrifft die Nebenrechte, die ausgeweitet werden - auf 30 Prozent bei den freien Gewerben und auf 15 Prozent bei den reglementierten. Mitterlehner sagte, mit dieser Ausdehnung der Nebenrechte erhöhe man auch den Druck auf die Wirtschaftskammer für Reformen, da insgesamt mit weniger Anmeldungen und damit mit weniger Kammerumlagen zu rechnen sei.

Anmeldegebühr fällt weg

Die Anmeldegebühr von 70 Euro pro Gewerbe, die gegenüber dem Staat zu entrichten ist, fällt künftig weg. Die Grundumlage und das Senken der Beiträge hingegen seien Angelegenheit der Wirtschaftskammer, so Mitterlehner. Ein Einfluss wäre hier nur mit Verfassungsmehrheit zu erreichen. Die Mitgliedschaft in den WKÖ-Fachgruppen verteidigte Mitterlehner. Diese Deklaration sei wichtig für die Lehrlingsausbildung und die Zuordnung zu Kollektivverträgen. „Wir stellen damit das System nicht komplett auf den Kopf“, sagte Mitterlehner.

Doch kein einheitlicher Gewerbeschein

Im Juli hatte Mitterlehner noch gesagt, dass ein einziger Gewerbeschein die Ausübung aller 440 freien Gewerbe ermöglichen soll. Dass das so nun doch nicht kommt, rechtfertigte Mitterlehner eben mit der nötigen Deklaration. Es könnten künftig aber mehrere oder alle Gewerbe auf einmal gratis angemeldet werden, und auch die erweiterten Nebenrechte würden dem Prinzip eines einziges Gewerbescheins für alle freien Gewerbe entgegenkommen.

Gewerkschaftssorgen für Kern „lösbar“

Die Sorge der Gewerkschaft in Bezug auf Lehrlingsausbildung und Kollektivverträge ist aus Kerns Sicht unbegründet. „Das lässt sich gut lösen“, so Kern. Dass auch die Gewerkschaft bei der Reform der Gewerbeordnung gebremst habe, sei ein „absoluter Mythos“. Es gebe aber unterschiedliche Standpunkte. „Es gibt eine SPÖ-Position und es gibt eine Gewerkschaftsposition. Man wird sich daran gewöhnen müssen“, sagte Kern. Mitterlehner sagte, Interessenvertretungen seien „intensiv einzubeziehen“.

Von der ebenfalls vereinbarten Vereinfachung des Betriebsanlagenrechts ist laut Mitterlehner jeder zweite Unternehmer positiv betroffen. Da hier auch Länderkompetenzen tangiert würden, sei bei Teilen davon eine Verfassungsmehrheit nötig.

Kern: Kein Koalitionsstreit

Einen Koalitionsstreit wegen der Gewerbeordnung stellte Kern in Abrede. Er wehrte sich dagegen, einen „Showdown“ zu konstruieren. Man werde sich daran gewöhnen müssen, dass unterschiedliche Standpunkte nicht zu einem Ende der Koalition führen. Kern versicherte, dass auch die Reform der Sozialversicherung nicht vergessen sei, man werde sich dem Thema im ersten Halbjahr 2017 widmen.

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