ÖGB gegen Arbeitspflicht in Homeoffice

Eine klare Absage erteilt der ÖGB den Forderungen der Wirtschaft nach einer Arbeitspflicht zu Hause für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn sie symptomlos oder mit leichtem Verlauf in Quarantäne sind. Das sei „praxisfern“, so ÖGB-Chef Wolfgang Katzian.

Der ÖVP-Wirtschaftsbund hatte – unterstützt von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung (IV) vor wenigen Tagen ja eine Teilarbeit für wegen CoV abgesonderte, aber nicht (schwer) erkrankte Mitarbeiter gefordert. Absonderung dürfe nicht gleich behandelt werden wie Krankenstand, und Betroffene sollten damit, sofern von der Art der Arbeit her möglich, zu Homeoffice während der Quarantäne verpflichtet werden. Hintergrund ist, dass wegen der Omikron-Welle sich derzeit besonders viele Menschen in Quarantäne befinden.

Katzian attestierte dem Vorstoß in der „Kronen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe) „Praxisferne“. Arbeiterkammer-Sozialexpertin Silvia Hruska-Frank bezweifelte ihrerseits, dass definiert werden könne, was mildere Verläufe seien, wie sie mehreren Medien sagte.

AK sieht Vorwurf des Nichtstuns

„Der Wirtschaftsbund suggeriert, dass die Menschen Homeoffice und Covid zum Nichtstun ausnützen“, kritisierte Hruska-Frank in der „Krone“. In der „Presse“, ZIB1 und im „Kurier“ hatte sie sich zuvor ähnlich geäußert. „Das widerspricht eindeutig unseren Erkenntnissen.“ Viele würden ohnehin arbeiten, auch wenn sie in Quarantäne seien. Bei der kritischen Infrastruktur sei ohnehin vorgesorgt, denn da könne man bei unbedenklichen Werten auch arbeiten gehen.

Katzian: Alles rechtlich gut geregelt

Katzian sieht alles rechtlich geregelt. Der Arbeitgeber erhalte für die Ausfallzeit der Mitarbeiter vollen Ersatz. Auch das Homeoffice-Gesetz basiere auf klaren Regeln. „Für uns ist der Vorschlag praxisfremd und fernab rechtlicher Bedingungen“, so der Gewerkschaftschef in Richtung Wirtschaftsbund.

Fließender Übergang bei Erkrankung

Erst am Freitag hatte die Anwältin und Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak eine Homeoffice-Pflicht für wegen CoV abgesonderte, aber nicht erkrankte Mitarbeiter im Ö1-Interview als schwer umsetzbar bezeichnet. Der Übergang zwischen asymptomatisch und symptomatisch könne fließend sein, es werde nicht möglich sein, dass ein Arzt Mitarbeiter laufend begutachtet, so die Juristin.

Körber-Risak glaubt nicht, dass Arbeitgeber direkt Druck auf Arbeitnehmer ausüben würden. Der Druck entstehe automatisch, wenn es einen hohen Ausfall wegen Omikron gebe. Es sei ja auch im Eigeninteresse, da sonst der Berg an Arbeit noch größer werde.

Eine aktuelle Studie aus Deutschland bestätigt, dass Beschäftigte im Homeoffice dazu neigen, sich trotz Erkrankung an den Rechner zu setzen. Für die Studie der Hamburger Kühne Logistics University (KLU) und der WHU – Otto Beisheim School of Management wurden den Angaben zufolge drei Untersuchungen im Vorpandemiejahr 2019 sowie im Juli und August 2020 mit insgesamt rund 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gemacht und verglichen.

Expertin: Wohl „überschießend“

Die Forderung der Wirtschaft hält Körber-Risak zudem für tendenziell „überschießend“ und vor allem für nicht praktikabel. Wenn es bereits eine Homeoffice-Vereinbarung gebe, könne man sowieso weiterarbeiten. Sie vermutet, der Wirtschaftsbund wolle, dass man Homeoffice – anders als derzeit gesetzlich geregelt – auch einseitig und gegen den Willen des Arbeitnehmers verordnen könne. Körber-Risak sieht hierfür wenige Anwendungsmöglichkeiten. Denn wer von zu Hause aus sinnvoll arbeiten könne und in der kritischen Infrastruktur tätig sei, werde sich wohl kaum weigern, kurzfristig eine Homeoffice-Vereinbarung zu schließen.

Nicht praktikabel

Vor allem aber hält sie die Durchführung für wenig praktikabel: Die Menschen würden im Zweifel Symptome vorgeben und sich telefonisch krankschreiben lassen, womit eine Arbeitspflicht im Homeoffice de facto ohne Anwendung bliebe.

Generell funktioniere die Homeoffice-Regelung, so Körber-Risak, die freilich betont, dass wesentliche Fragen ausgeklammert wurden – etwa die Arbeitszeitkontrolle und der Datenschutz. Hier, forderte sie, sollte noch nachgeschärft werden.

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