Ohne Kammerpflicht könnten Kollektivverträge wackeln

Im Vorfeld der Koalitionsgespräche zwischen ÖVP und FPÖ ist auch die Pflichtmitgliedschaft der Kammern wieder zum Thema geworden. FPÖ und NEOS hatten im Wahlkampf deren Abschaffung gefordert - und gemeinsam mit der ÖVP hätten sie nun die nötige Verfassungsmehrheit.

Allerdings kämen mit dem Ende der Pflichtmitgliedschaft auch die Kollektivverträge unter Druck, wie Thomas Leoni vom Wirschaftsforschungsinstitut (WIFO) bestätigt.

„Je höher der Organisationsgrad bei den Arbeitgebern ist, umso höher ist die Kollektivvertragsabdeckungsquote“, sagte Leoni gegenüber der APA. Dass die 98 Prozent ohne Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer zu halten wären, glaubt er nicht. Zwar sei unklar, in welchem Ausmaß und wie rasch die Kollektivverträge erodieren würden, aber: „Wenn die Pflichtmitgliedschaft aufgehoben wird, ist zu erwarten, dass die Kollektivvertragsabdeckungsquote über die Zeit sinken wird.“

Seit 2008 verfassungsrechtlich festgelegt

Die Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiter- und der Wirtschaftskammer ist gesetzlich geregelt und seit Jänner 2008 zusätzlich verfassungsrechtlich abgesichert. „Die Republik anerkennt die Rolle der Sozialpartner. Sie achtet deren Autonomie und fördert den sozialpartnerschaftlichen Dialog durch die Einrichtung von Selbstverwaltungskörpern“, heißt es im Artikel 120a.

Dass alle ArbeitnehmerInnen (mit Ausnahme der öffentlich Bediensteten) und alle Unternehmer den jeweiligen Kammern angehören müssen, ist im Arbeiterkammer- und im Wirtschaftskammergesetz geregelt. Die Wirtschaftskammer zählt 506.145 Mitglieder, der Großteil Einzelunternehmer. Sie zahlen nach Angaben der Kammer 541 Mio. Euro „Kammerumlage“. Die Arbeiterkammer beziffert die Einnahmen aus den Beiträgen ihrer 3,64 Mio. Mitglieder mit 432,6 Mio. Euro.

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