Sozialpartner: Demonstration der Einigkeit

Beim Forum Alpbach haben die Sozialpartner am Mittwoch in Tirol einen großen Auftritt gehabt. Wenige Wochen vor der Nationalratswahl demonstrierten Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer, Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Arbeiterkammer dabei ganz bewusst Einigkeit - obwohl zuletzt durchaus auch Sand im Getriebe, Stichwort: Nichteinigung beim Thema Arbeitszeitflexibilisierung, war.

Es ist ungewiss, ob es nach dem Platzen der SPÖ-ÖVP-Koalition zu einer Neuauflage, egal in welcher Rangfolge, kommen wird. Die ehemals Große Koalition war aber jahrzehntelang jene, die der Sozialpartnerschaft traditionell am meisten Einfluss bescherte. Umgekehrt führte zuletzt etwa unter Schwarz-Blau zu Beginn der 2000er-Jahre eine anders gefärbte Regierungskonstellation durchaus auch zu Turbulenzen. Die Nationalratswahl könnte somit auch für die Sozialpartnerschaft eine wichtige Weichenstellung werden.

„Unverzichtbar für Miteinander“

Unter diesen Vorzeichen präsentierten die Kammern und der Gewerkschaftsbund in Alpbach ihre gemeinsamen Positionen für die Politik der nächsten Jahre. Bei den „Investitionen in eine nachhaltige Zukunft“ stehen klimaverträgliche und nachhaltige Energieversorgung, Wirtschafts- sowie Beschäftigungs- und Umweltpolitik im Mittelpunkt, betonten Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl, Arbeiterkammer-Chef Rudolf Kaske, Landwirtschaftskammer-Chef Hermann Schultes und ÖGB-Chef Erich Foglar.

Alle zeigten sich überzeugt und beteuerten, dass die Sozialpartnerschaft ein wichtiger Bestandteil der Republik Österreich ist, und Leitl betonte, die Sozialpartnerschaft genieße international hohes Ansehen. Und er verwies auf Studien, wonach Staaten mit einem kooperativen Sozialpartnerschaftssystem „nachweislich niedrigere Arbeitslosenraten und ein höheres Wirtschaftswachstum“ aufwiesen. Auch für Kaske sind die Sozialpartner „unverzichtbar, wenn man auf das Miteinander und nicht das Gegeneinander setzt“.

„Machen sehr viel vernünftig“

Übergeordnete Ziele würden die unterschiedlichen Partner einen, betonten alle vier unisono. So gesehen passe die Sozialpartnerschaft ideal zum heurigen Alpbach-Generalthema „Konflikt und Kooperation“. Die Sozialpartnerschaft stehe für Konfliktlösungen durch Kooperation, so Kaske, Leitl, Foglar und Schultes. „Nicht alles, was wir machen, machen wir deppert. Wir machen sehr viel vernünftig“, sagte Leitl.

Ruf nach Hochleistungsinternet

Die Wirtschaftskammer hat im 23-seitigen Sozialpartner-Papier den Bereich Investitionen eingebracht. Erster Punkt hier ist der Ruf nach einer Investition von bis zu zehn Mrd. Euro in flächendeckendes Hochleistungsinternet mit 100 Mbit/s in ganz Österreich, so Leitl. Laut Schultes ist dieses Thema allen Sozialpartnern besonders wichtig, vor allem aber entscheidend für ländliche Regionen, nicht zuletzt, um die Abwanderung zu bremsen. Beim Thema Investitionen geht es laut Leitl auch um mehr private Investitionen - durch die Einführung von degressiven Abschreibungen. „Die degressive Abschreibung kostet keinen Euro, ist ein wichtiger Anreiz“, sagte der WKÖ-Chef.

Leitl und die Sozialpartner fordern weiters mehr Planungssicherheit für Großprojekte bzw. -investitionen und nannten als Beispiele die dritte Piste für Wien-Schwechat und den Westring in Linz. Anrainerrechte und legitime Einwendungen von Bürgern müssten freilich gewahrt bzw. weiter möglich bleiben, aber die Genehmigungsverfahren müssten praxistauglicher werden.

„Digitale Kompetenzen“ stärken

Kaske sprach über den Wandel der Arbeitswelt in der Digitalisierung. Es gelte, möglichst viele Menschen mitzunehmen. „900.000 Erwerbstätige haben zu geringe Computerfähigkeiten“, sagte der AK-Chef. Es brauche mehr Fortbildungen in diesem Bereich, und die digitale Bildung müsse schon im Volksschulalter verstärkt werden. „Wer sich digital zurechtfinden soll, muss früh einen eigenverantwortlichen Umgang durch den Ausbau digitaler Kompetenzen erlernen.“

Wie von ÖGB-Präsident Foglar kam auch von Kaske der Ruf nach einer besseren digitalen Ausstattung der Berufsschulen. Schultes wiederum brach angesichts der aktuellen Dieseldebatte und unter Verweis auf die vielen noch aktiven Ölheizungen eine Lanze für erneuerbare Energien, insbesondere Holz als Heizstoff.

Angleichung Schritt für Schritt

Zur im ÖVP-Wahlkampf angedachten Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten liegen laut Foglar schon lange viele Vorschläge bereit, von denen auch schon einige umgesetzt seien. Schritt für Schritt kann man laut Leitl schauen, wo es noch Unterschiede gibt, was die Gründe für diese sind und wo man Gleichstellungen tätigen kann. „Wir sind gerne mit dabei, wenn die Politik will“, sagte Foglar.

Bad Ischl und die Sozialpartner-Diplomatie

Der Sozialpartner-Dialog im oberösterreichischen Bad Ischl findet heuer übrigens nicht statt. Grund ist der vorgezogene Neuwahltermin, der zwei Wochen nach dem geplanten Dialog ist. Ganz „österreichisch“ gelöst haben die Sozialpartner übrigens das Nichtstattfinden: Der Dialog wurde formell nicht abgesagt - vielmehr wurde einfach nicht dazu eingeladen. In Oberösterreich, das seit Oktober 2015 von einer schwarz-blauen Koalition regiert wird, hängt seit geraumer Zeit der sozialpartnerschaftliche Hausfrieden schief: Nach einem Werbevideo der AK, in dem Wirtschaftsvertreter eine Hetze auf Chefs sahen, legte die Wirtschaftskammer die Zusammenarbeit bis auf Weiteres auf Eis.

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