younion/GÖD: Pflege-Paket nachbessern und schnell umsetzen!

Gewerkschaften messen Veränderungen daran, wie sie im Berufsalltag ankommen

Nur wenige Stunden vor den heutigen Protestaktionen unter dem Motto „Achtung Gesundheit – es ist 5 nach 12“ präsentierte die Bundesregierung sehr kurzfristig Eckepunkte des lange versprochenen Pflegepakets.

„Unser langjähriger Druck hat Wirkung gezeigt. Heute wurde in der Tat eines der größten Reformpakete der vergangenen Jahrzehnte auf den Weg gebracht. Das ist auch höchste Zeit, denn jahrelang ist nichts passiert. Wir wurden entweder vertröstet oder mit Schweigen bestraft. Dabei mussten wir zusehen, wie sich die Lage für die Bediensteten weiter verschärft“, sagt Edgar Martin, Vorsitzender der Hauptgruppe II in der younion _ Die Daseinsgewerkschaft („Team Gesundheit“).

Martin weiter: „Wir werden die vorgelegten Unterlagen sehr genau prüfen, noch sind es einfach nur Worte. Wir messen Veränderungen daran, wie sie im Berufsalltag unserer Kolleg*innen ankommen.“

„Es wird mehr Stützen brauchen“

Reinhard Waldhör, Vorsitzender der GÖD Gesundheitsgewerkschaft: „Die Bundespolitik stützt mit den 20 Maßnahmen eine mehr als rissige Decke ab. Es wird mehr Stützen brauchen um hier für dauerhafte Statik zu sorgen.“

Sehr positiv sieht Waldhör Verbesserungen bei der Ausbildung und der Entlohnung. Waldhör: „Es wurde höchste Zeit, dass BHS und BMS im Regelschulsystem aufgenommen werden.“ Allerdings zeigen sich hier die ersten Wermutstropfen. „Warum Auszubildende der berufsbildenden höheren Schulen in diesen Fächern von einer Entlohnung ausgenommen sind, verstehen wir nicht. Und gegen eine Pflegelehre haben sich sowohl die Sozialpartner als auch Wissenschaft und Berufsverbände ausgesprochen.“

Auch die Kompetenzerweiterung der Pflegefachassistenz muss sehr genau beobachtet werden. Waldhör: „Fangen wir bitte nicht wieder an, immer mehr in immer kürzere Ausbildungen zu verpacken. Das hatten wir schon mehrmals – letztendlich überfordert es die Betroffenen, beutet Beschäftigte aus und birgt das Risiko eines Qualitätsverlustes.“

In Wien und Niederösterreich schon umgesetzt

Wie groß die Unterschiede in der Pflegelandschaft bisher waren, zeigt sich in den Punkten „Entlastungswoche Pflege“ und „Nachtschwerarbeit“. „Hier erkennt man erst, von welch unterschiedlichen Positionen wir in Österreich ausgehen. Beide Punkte sind in zum Beispiel in Wien und Niederösterreich kein Thema, schon lange ausverhandelt und umgesetzt. Hier freuen wir uns für unsere Kolleginnen und Kollegen, denn beides steht ihnen zu“, so die beiden Gewerkschafter.

Dass in dem Maßnahmen-Paket nichts zu den Themen Schwerarbeiterregelung und bundesweit einheitlich festgelegten Qualitätskriterien, wie zum Beispiel Personaleinsatz oder Professionenmix, zu finden ist, stößt beiden sauer auf.  „Damit ist es wieder den Trägern überlassen, welche personellen Ressourcen sie einsetzen und vorhalten. Der Bericht der Volksanwaltschaft hat aber klar gezeigt, dass es Einrichtungen gibt, die als gefährlich bezeichnet werden müssen und gar nicht hätten aufsperren dürfen.“ Und manche Argumente sind schlichtweg absurd: „Wir bekommen zu hören: Wenn unsere Bediensteten aufgrund der Schwerarbeiterreglung früher in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen, fehlt uns doch wieder Personal. Da kann man nur mehr den Kopf schütteln. Hier arbeiten Menschen am Limit, in Schicht- und Wechseldiensten, oft 12 Stunden und mehr – die will man wie Zitronen ausquetschen? Sehen sie sich einmal die statistische Lebenserwartung von Beschäftigten in unserem Bereich an. Unsere Leute gehen kaputt“, stellen Waldhör und Martin klar.

Abschließend halten beide fest, dass Gesundheit Teamarbeit ist. Die Problemstellungen sind mannigfach und betreffen nicht nur die Pflege. „Die Verantwortlichen dürfen nicht nur immer an einer Stellschraube drehen. Es gilt das große Ganze zu sichern. Wir suchen in allen Bereichen Nachwuchs. Gesamte Teilbereiche brechen personell ein. Egal, welche Berufsgruppe fehlt, am Ende des Tages wird es bei den Verbleibenden mehr, sind unsere Patient*innen und Bewohner*innen die Leidtragenden. Gesundheit ist eine wichtige Säule unserer Gesellschaft. Niemand darf zurückgelassen werden.“

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